Stift Wietmarschen
Starten Sie eine Zeitreise und erkunden Sie den Stiftsbereich im Wallfahrtsort Wietmarschen. Der Ort zieht nicht nur Pilgerer an, sondern auch viele Besucher, die sich von den gut erhaltenen Gebäuden des ehemaligen Klosters faszinieren lassen.
Der Wallfahrtsort Wietmarschen mit seinem historischen Stiftsbereich ist nicht nur bei Pilgerinnen und Pilgern sehr beliebt. Die gut erhaltenen Fachwerkhäuser auf dem Gelände laden zu einer Zeitreise zurück in die Jahre ab 1200 ein.
Auch die neue, moderne Marienkapelle ist sehr sehenswert. Die ausgezeichnete Kapelle inmitten der traditionellen Wahlfahrtkirche - ein echter Hingucker.
Die neue Marienkapelle mit dem Gnadenbild der Mutter Gottes
Auf Anregung von Wallfahrern, nach intensiven Gesprächen in der Gemeinde, der Bistumsleitung, dem Bischöflichen Generalvikariat und dem Landesdenkmalamt hat das Gnadenbild 2014 einen neuen Platz in der Kirche bekommen.
Nach Plänen von Herrn Architekt Tobias Klodwig vom Büro Klodwig & Partner aus Münster ist eine Raum-in-Raum-Lösung entstanden. Das alte, so traditionsreiche Gnadenbild unserer lieben Frau von Wietmarschen hat einen neuen Standort im hinteren Teil der Pfarr- und Wallfahrtskirche gefunden: inmitten der großen Kirche und der Versammlung der Glaubenden, aber doch zugleich so, dass auch die intimere Begegnung in Andacht und Gebet für kleinere Gruppen und Einzelne besser möglich ist als bisher. Und besonders eindrucksvoll: Durch die neue Konzeption ist nun das Gnadenbild auch von außen sichtbar. So wird eine Brücke geschlagen zwischen dem Kirchenraum und den Räumen des Alltags - durch Maria, die durch ihr großes Ja zum Anruf Gottes mitten in der Welt Gottes Sohn Raum gegeben hat in ihrem Leib. Die Kapelle bietet Platz für 60 Personen.
Durch ein vertrauenvolles Miteinander und große Transparenz der entsprechenden Überlegungen und Schritte ist die Umsetzung eines derart großen Projektes möglich. In enger Kooperation mit dem Bistum Osnabrück, der Kirchengemeinde St. Johannes Apostel Wietmarschen, dem Architekten Klodwig, weiteren Partnern sowie den Bauunternehmen konnten die Arbeiten wie miteinander bedacht, in sehr guter Weise umgesetzt werden.
Sowohl der Eingangsbereich der Kapelle, als auch der Eingangsbereich der Kirche besteht aus Glaselementen, sodass die Mutter-Gottes-Statue bereits außerhalb der Kirche betrachtet werden kann.
Historische Vorgeschichte
Als Gründer des ehemaligen Klosters Wietmarschen im Jahre 1152 gilt der Ritter Hugo von Büren. Das Kloster, zunächst Eigentum der Gräfin Gertrudis von Bentheim, wurde später dem Bischof von Münster unterstellt. Die zu dem Kloster gehörenden Flächen wurden nach Kultivierung ungefähr ein Jahrhundert von den Mönchen bewirtschaftet.
Im Jahre 1259 übersiedelten diese nach Utrecht. Das Kloster wurde dann zu einem Frauenkloster, das mehrere Jahrhunderte bis nach dem Dreißigjährigen Krieg bestand. Wietmarschen erlangte vor allem durch seine Mutter-Gottes-Statue Berühmtheit und ist auch heute noch ein Wallfahrtsort.
Eine alte Überlieferung berichtete, dass in früheren Zeiten einmal die Gräfin von Bentheim, deren Tochter in Wietmarschen Priorin war, das Kloster besuchte. Dabei sah sie das Marienbild und gewann es lieb. Als sie nach Hause fuhr, nahm sie es mit und stellte es in Bentheim an einem würdigen Platz auf. Am nächsten Morgen wollte sie es andächtig betrachten; doch es war zu ihrem Erstaunen und Entsetzen verschwunden. Man suchte es mit Eifer im ganzen Lande und fand es endlich in Wietmarschen am alten Orte. Die Gräfin wiederholte ihre Versuche noch oft, aber immer mit demselben Misserfolg, so dass sie ihr Vorhaben endlich aufgab. Das Bild der Muttergottes wird auch heute noch von vielen Wallfahrern verehrt.
Lt. Berichten habe die Glanzzeit der Wallfahrten zwischen 1300 und 1500 gelegen. Es gab noch Erinnerungen an Erzählungen aus dem Munde von Stiftsdamen über Wallfahrten zur Madonna, aber das Wissen um das Gnadenbild wurde im Laufe der Zeit langsam und unmerklich unscharf. Erst unter dem 1914 nach Wietmarschen gekommenen Pfarrer Rosemann änderte sich das. Er bat den Bischof in Osnabrück in einer Bittschrift um Wiederherstellung der alten Gnadenstätte. Der Pilgerverkehr schwoll von Jahr zu Jahr an, besonders in der Hitlerzeit, zumal es dem Bischof Herzenssache war, nach Möglichkeit an allen größeren Wallfahrten teilzunehmen und nachmittags am "Siebenstern" zu predigen. So ging es zur Freude des bis zum Tode (26.12.1961) noch amtierenden Pfarrers Rosemann weiter. Sein Werk blieb bei seinen Nachfolgern in guten Händen.
Von der Klosterkapelle zur Wallfahrtskirche
Die jetzige Wallfahrtskirche war einst ein hölzerner Bau neben einem Eibenbaum gegründet. Im September 1152 wurde die erste Messe dort gelesen. Die erste steinerne Kirche im romanischen Stil aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts hatte ein Chor auf nahezu quadratischem Grundriß. Sie wurde 1500 im gotischen Stil erweitert und 1630 um weitere elf Meter verlängert. 1697 wurde die Kirche renoviert. 1734 wurden zur Stützung Außenpfeiler eingesetzt sowie Dach und Dachreiter repariert, in dem nur eine kleine Meßglocke hing.
Etwa 15 Meter von der Kirche entfernt, wurde ein Fachwerk-Glockenstuhl erbaut, der mit Brettern beschlagen war und von Kennern deshalb beachtet wurde, weil er ohne Grundmauern auf geschichteten Findlingen und Orthsteinen stehend, bis zu drei Glocken mit 80, 100 und 110 cm Durchmesser trug. Der Turm schwankte zwar bei Vollgeläute gefährlich aussehend hin und her, überstand aber die Bewegungen ohne Schaden. Der über 400 Jahre sturmerprobte Veteran wurde im November 1929 angeblich Opfer eines Sturms, fiel aber gegen die Windrichtung. So verspottete er die Menschen, die mit Seilwinden am Werke waren.
Seit 1600 hatte die Kirche eine Orgel, die 1637 von Soldaten verdorben, 1642 repariert wurde. Im Januar 1799 lieferte ein Orgelbauer aus Neuenhaus eine neue, wobei er die alte Orgel in Zahlung nahm. Einen "Pfennigsverein" für die Erweiterung oder den Neubau der immer beengter werdenden Kirche wurde im Jahr 1898 gegründet. Als endlich genügend gesammelt war, stoppten Krieg und Inflation die Baupläne und fraßen das Vermögen. Die Kirche wurde, da ihr Inneres völlig verfallen aussah, nur noch ausgemalt und bekam 1920 Licht aus der örtlichen Elektrizitätszentrale des Schmiedes Silies. 1927, in der Woche nach Pfingsten, setzte Pfarrer Rosemann den Bauplan eines Osnabrücker Architekten in die Tat um. 30.000 Mark Spenden waren von den Wietmarschern zugesagt worden, den Rest lieh eine Bank aus Holland.Weihnachten 1927 war der 44 Meter lange und 19 Meter breite Kirchbau, an dem vor allem örtliche Handwerker beschäftigt waren, fertig. Der im nächsten Jahr gebaute 34 m hohe Turm, an dessen Breitseite ein Großes Corpus-Kreuz aus Ziegelsteinen eingemauert ist, bekam im Oktober 1928 seinen Hahn. Am 4. Mai 1933 weihte Bischof Wilhelm Berning die Kirche, der die Familie Wigbels im nächsten Jahr eine neue Orgel schenkte.
Am 13. September 1944 berührte eine Flügelbombe den Dachreiter der Kirche, explodierte, tötete drei Personen in der Nachbarschaft, zerfetzte das Dach, köpfte Heiligenfiguren und beschädigte die Schnitzereinen an Altar, Kommunionbank und Kanzel schwer. Unbeschadet kroch Vikar Behnke aus Lingen, der vor dem Gnadenbild gebetet hatte, aus dem sperrigen Trümmerhaufen.
Holländische Zimmerleute reparierten mit gespendetem Holz das Dach und sowjetische Kriegsgefangene aus dem nahen Lager, die sich nach dem Kriege dankbar für langzeitige Nahrungshilfe aus Wietmarschen zeigten, heilten die Schäden an Schnitzereien und Figuren.
Reizvolle Wanderwege
Vom Stift Wietmarschen aus sind auf kurzem Wege reizvolle Wanderwege durch den "Stiftsbusch" und "Eckelkamp" zu erreichen. Im "Stiftsbusch" befindet sich der "Siebenstern", wo jährlich die große Familienwallfahrt abgehalten wird. Dieser "Siebenstern" geht auf das Jahr 1578 zurück. Seinerzeit befanden sich sieben adelige "Juffern" im Kloster. Zu ihren Ehren wurden sieben Spazierwege angelegt, die sich im Stern kreuzten und an deren Enden jeweils eine Edeltanne angepflanzt wurde.
Der südliche Sternweg führt zum neuen Friedhof, der westliche zur ersten Waldkapelle (Marienkapelle), wo eine damalige Brücke den Wanderer über den noch von den Mönchen angelegten Acker zur zweiten Waldkapelle (Josefskapelle) im "Eckelkamp" brachte.
Von der Josefskapelle wird die Sage erzählt, dass Räuber den Edelherrn Jobst (oder Jost) von Hohenkörben gefangen nahmen, um Lösegeld zu erpressen. Als sie das Knarren der Räder von Kaufmannswagen hörten, sperrten sie ihn in ein Fass und eilten raubgierig zur Straße. An dem Spundloch schnupperte ein Fuchs. Der Edelherr konnte ihn am Schwanz packen, worauf der Fuchs entspringen wollte und das Fass ins Rollen kam. Es zerschellte an einem Baumstumpf in einer tiefer liegenden Stelle; der Edelherr konnte sich vor den Räubern in Sicherheit bringen. Zum Dank für seine wunderbare Rettung soll er dort, wo er in das Fass gesperrt wurde, eine kleine Kapelle errichtet haben.
Beide Kapellen sind heute durch wunderschöne Wanderwege verbunden.